Urtikaria – wenn Bakterien und Pilze im Spiel sind

 

Was ist eine Urtikaria?

Bei der Urtikaria (Urticaria, Nesselsucht) handelt es sich um einen akut oder chronisch auftretenden Ausschlag, bei dem flüchtige scharf begrenzte erythemato (rötlich)-ödematöse Quaddeln auf dem Körper (insbesondere an Armen, Beinen, Rücken und dem Rumpf) auftreten. Diese Quaddeln sind oftmals mit einem starken Juckreiz verbunden und lassen sich bei der klinischen Untersuchung durch einen Glasspatel wegdrücken. Bei vielen Betroffenen treten sie zusammen mit einem Angioödem (Schwellung der Lippen, Augenlider, Zunge, Glottis und/oder Pharynx) auf.

Die Ursachen der Urtikaria sind vielfältig: Neben einem idiopatischen Auftreten können Allergien (beispielsweise gegen histaminhaltige Nahrungsmittel oder bestimmte Medikamente), physikalische Ursachen (wie mechanischer Druck, Kälte und Wärme) oder psychische Ursachen (wie Stress oder Depressionen) das Auftreten der Quaddeln verursachen bzw. begünstigen.

Wenn Bakterien im Spiel sind

Auch bakterielle Infektionen spielen eine wichtige Rolle als Auslöser einer Urtikaria:

Helicobacter pylori beispielsweise, wird durch schlechte hygienische Bedingungen von Mensch zu Mensch übertragen –, ob die Übertragung durch den Austausch von Speichel oder dem Kontakt mit Fäkalien erfolgt ist noch unklar. Sie befällt die Magenschleimhaut und löst dort eine chronische Entzündung (bakterielle Gastritis) aus.

Etwa die Hälfte aller Erwachsenen über 50 Jahren trägt Helicobacter pylori im Magen, ohne manifest erkrankt zu sein. Neben unspezifischen Schmerzen im Oberbauch, Vollgefühl, Appetitlosigkeit, Übelkeit können aber auch urtikarielle Ausschläge die klinische Symptomatik prägen.

Wenn Pilze im Spiel sind

Eine Infektion der Darmschleimhaut mit Candida (Hefepilzen) kann ebenfalls eine Urtikaria hervorrufen:

Candida, meist Candida albicans , findet sich in geringer Konzentration auch bei der gesunden Bevölkerung im Stuhl (bei >50%). Ist der Befall der Darmschleimhaut (Dickdarmschleimhaut) hingegen stärker, beispielsweise bei immunsupprimierten Patient*innen, nach langen Antibiotikatherapien oder bei Fehlernährung, kann sich eine klinisch relevante Candidainfektion präsentieren. Neben Blähungen/dem Vorliegen eines Blähbauchs, Durchfällen, Bauchschmerzen, Migräne und Heißhungeranfällen (insbesondere auf Süßes), können auch urtikarielle Ausschläge auftreten.

Wie erfolgt der Nachweis von Helicobacter pylori?

Besteht der Verdacht, dass eine bakterielle Infektion der Magenschleimhaut mit Helicobacter pylori die Urtikaria ausgelöst hat, so können:

  • mittels einer Serologie im Blut Antikörper auf Helicobacter pylori nachgewiesen werden. Ein Antikörper-Nachweis deutet auf einen Kontakt mit dem Erreger hin.

  • mittels einer Stuhluntersuchung Helicobacter pylori-Bestandteile (Hp-Antigene) nachgewiesen werden.

  • mittels eines Atemtests (Urea-Breath-Test) die Aktivität des Helicobacter pylori-Enzyms “Urease” bestimmt werden: Nach Einnahme eines 13C- markierten Harnstoffs wird dieses, bei einer tatsächlichen Besiedlung des Magens mit Helicobacter pylori, durch die Urease zu Ammoniak und Kohlendioxid umsetzt. Das Kohlendioxid, welches nun wieder abgeatmet wird, enthält einen Teil des 13C- markierten Harnstoffs und kann in der Ausatmungsluft gemessen werden. Vor dem Atemtest dürfen jedoch keine säurehemmenden Medikamente (Protonenpumpeninhibitoren) eingenommen oder Kaffee konsumiert werden.

Den zuverlässigsten Nachweis einer Helicobacter pylori-Infektion bietet allerdings eine Magenspiegelung (Gastroskopie) und Biopsie.

Wie erfolgt der Nachweis von Candida?

Besteht der Verdacht auf eine Pilzinfektion der Darmschleimhaut mit Candida, so kann eine Stuhluntersuchung erfolgen und die Candidabesiedelungsdichte bestimmt werden.

Was zu tun ist bei einer Infektion mit Helicobacter pylori

Wird eine Infektion der Magenschleimhaut mit Helicobacter pylori nachgewiesen, erfolgte die Einleitung einer Eradikationstherapie mittels Antibiotika und Protonenpumpeninhibitoren. Hierfür werden als Triple-Therapie

  • nach französischem Schema

    • Omeprazol bzw. Pantoprazol

    • Amoxicillin

    • Clarithromycin

    oder

  • nach italienischem Schema

    • Omeprazol btw. Pantoprazol

    • Metronidazol

    • Clarithromycin

eingenommen.

Was zu tun ist bei einer Infektion mit Candida

Durch Antimykotika (Arzneimittel gegen Pilzinfektionen) ist, im Vergleich zur Helicobacter pylori-Infektion, keine komplette bzw. anhaltende Eradikation der Hefepilze in der Darmschleimhaut möglich. Allerdings können durch Antimykotika wie beispielsweise Nystatin, die nur im Darm wirken, relativ nebenwirkungsarm die Candida-Besiedlungsdichte im Darm reduziert werden.

Auch sogenannte Anti-Pilz-Diäten/Candida-Diäten können im Rahmen der Behandlung versucht werden: Eine Reduktion von Zucker (auch Fruchtzucker), Süßigkeiten und Weißmehlprodukten für vier bis sechs Wochen kann die Besiedlungsdichte von Hefepilzen reduzieren, da Hefepilze sich von Zucker ernähren. Allerdings konnten die Candida-Diäten bislang nicht wissenschaftlich untermauert werden, da ein Großteil des mit der Nahrung aufgenommenen Zuckers bereits im Dünndarm resorbiert wird und somit den Dickdarm (Aufenthaltsort der Hefepilze) nicht in signifikanten Mengen erreicht. Aufgrund der klinischen Erfolge, die diese Diäten bei der Candida-Behandlung jedoch gezeigt haben, sind sie definitiv einen Versuch wert.

Quellen:

Altmeyers Enzyklopädie - Urtikaria chronische spontane

Altmeyers Enzyklopädie - Helicobacter pylori

Altmeyers Enzyklopädie - Candidose, enterale

Pathogenetische Bedeutung der intestinalen Candidabesiedelung