Warum ein Vitamin B12- Mangel sich wie Nadelstiche anfühlen kann

 

Wie ein Vitamin B12-Mangel entsteht

Ein Vitamin B12-Mangel kann bedingt sein durch: 

  • eine mangelhafte Zufuhr aufgrund einer streng vegetarischen/veganen Kost. Der Mensch ist auf eine Zufuhr von Vitamin B12 aus tierischer Nahrung wie Leber, Fleisch, Milch, Eier angewiesen.

  • einen Mangel des sogenannten „intrinsic factors“ (ein von der Magenschleim gebildeter Eiweißstoff. Dies kann z.B. nach einer Magenresektion oder durch Autoantikörper der Fall sein.

  • intestinale Erkrankungen mit Malabsorptionssyndrom (also einer gestörten Aufnahme von Substraten aus dem Darm – beispielsweise bei Zustand nach einer Dünndarmresektion) oder durch

  • Medikamente. Eine Langzeittherapie mit Protonenpumpeninhibitoren oder der Einnahme von Metformin sind an dieser Stelle zu nennen.

Wie ein Vitamin B12-Mangel sich äußert

Ein Vitamin B12-Mangel kann hämatologische, neurologische (gelegentlich auch psychotische Symptome) sowie gastrointestinale Störungen hervorrufen:

Neben einer Anämie (Blutarmut) mit Müdigkeit, verminderter Leistungsfähigkeit und Blässe als typische Begleiterscheinungen, können auch Polyneuropathien (also die Schädigung peripherer Nerven) mit Parästhesien („Missempfindungen“) an Händen und Füßen (wie z.B. Kribbeln, Nadelstiche, Taubheitsgefühl oder ein pelziges Gefühl beim Gehen) auftreten.

Diese neurologischen Beschwerden sind bedingt durch einen Markscheidenschwund: Bei der Markscheide (auch Myelinscheide genannt) handelt es sich um eine lipidreiche Hülle, die die Fortsätze (sogenannte Axone) von einigen Nervenfasern bzw. „Neuronen“ spiralförmig umgibt. Im Bereich dieser Markscheiden sind die Axone gegen ihre Umgebung geschützt und können über Synapsen (Übertragungsstellen) Kontakte zu anderen Nervenzellen herstellen und Informationen übertragen.

Für die Bildung und Funktionserhaltung dieser Markscheide wird Vitamin B12 benötigt. Besteht ein ausgeprägter Mangel, kommt es mit der Zeit zu einer immer weiter fortschreitenden Zerstörung dieser Schutzhülle. Dies hat eine Verminderung der Nervenleitungsgeschwindigkeit und schließlich eine Unterbrechung der Erregungsleitung mit schwerwiegenden neurologischen Störungen zur Folge. Ein weiteres Beispiel für eine Entmarkungskrankheit stellt die Multiple Sklerose (kurz MS) dar.  


Prognose der neurologischen Störungen

Die durch einen Vitamin B 12-Mangel verursachten neurologischen Beschwerden sind im Frühstadium tatsächlich reversibel (mit eintreten einer Verbesserung nach Wochen bis Monaten), nicht jedoch, bei bereits erfolgter fortgeschrittener axonaler Degeneration.

Bei klinischen Verdacht (oder Vorliegen von Risikofaktoren) für einen Vitamin B12-Mangel sollte daher der Vitamin B12-Status bestimmt sowie bei Nachweis eines Mangels  – neben der Therapie einer möglichen Grunderkrankung –  eine entsprechende Substitutionstherapie eingeleitet werden.

Die Substitution von Vitamin B12 erfolgt in der Regel intramuskulär. Selbst bei unklaren Laborbefunden mit dringendem klinischen Verdacht auf einen Vitamin B12-Mangel sollte nicht gewartet, sondern zeitig die Substitutionstherapie eingeleitet werden, um irreversible neurologische Schäden zu vermeiden. 

Quellen:

  • HEROLD, Innere Medizin 2020. Megaloblastäre Anämien

  • Handbuch Anatomie, Bau und Funktion des menschlichen Körpers, E.-J.Speckmann & W. Wittkowski, 21. Auflage, Elsevier. Bauelemente des Nervensystems